Der Sieg

Angriff ist die beste Verteidigung, weiss der NATO-Generalsekretär Stoltenberg, ein Zitat illustrierend, das schon Clausewitz zugeschrieben wurde. Anlässlich der 75-Jahrfeier der NATO Anfang April dieses Jahres hatte der Norsker schon avisiert, die militärische Unterstützung für die Ukraine auf neue Beine zu stellen und „Hilfsgelder“ von 100 Milliarden Euro unter dem Dach der NATO zu organisieren, was bei den Bündnispartnern mit Ausnahme Polens und der baltischen Staaten doch einigen „Schluckauf“ verursachte. Aber die Lage sei ernst, denn „Russland stosse vor, versuche den Krieg zu gewinnen, und den Westen vorzuführen“ (ORF, 03.04.2024), so die erstaunliche Analyse der eigenen psychischen Befindlichkeit des strammen Kriegers.

Während die Sanktionen der EU indessen völlig wirkungslos geblieben sind, Russland seine Energie inzwischen höchst profitabel an China und Indien verkauft, was den genannten Staaten ein sattes Wachstum beschert hat, müssen die EU-Länder die ausgefallenen Importe durch Öl und Gas aus Norwegen und den befreundeten USA kompensieren, die sich 2023 immerhin über ein dreiprozentiges Wirtschaftswachstum freuen können, während die EU im Schnitt nicht über ein halbes Prozent hinauskommt, das exportstarke Deutschland und das ökonomisch weniger bedeutende Österreich gar in einer Rezession grundeln und China die europäischen Warenexporte vollständig ersetzt.

Da ist guter Rat teuer. Er sei zu einer Waffenruhe in der Ukraine bereit, die den jetzigen Frontverlauf anerkenne­­ – der sich im Wesentlichen mit dem Siedlungsgebiet der russischstämmigen Bevölkerung der Ukraine deckt­ –, erklärte der russische Präsident (NEWS, 24.05.2024). Eine Illusion allerdings, nachdem das US State Department klargestellt hatte, dass „die territoriale Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen“ zu respektieren sei, was klarerweise auch der auf Sieg programmierte Standpunkt der Ukraine ist (ebda). 

Kaum hatte der russische Präsident dies angedeutet, da meldete sich die NATO mit dem Aufruf an ihre Mitgliedsstaaten zu Wort, der Ukraine den Einsatz westlicher Waffen gegen Militärziele in Russland zu gestatten, weil man der „Ukraine bis zum Sieg beistehen“ müsse (ORF, 28.05.24), was nicht nur der deutsche Kanzler noch am Wochenende ausgeschlossen hatte, sondern auch die italienische Regierungschefin, die vorgab, Stoltenbergs Äusserungen nicht zu verstehen, weil man sehr „vorsichtig sein“ müsse (ebda).

Die Erschütterung war folglich so stark, dass das von der GeoSphere Austria mit einer Magnitude von 4,5 am selben Tag in Griechenland registrierte Erdbeben ursprünglich dem Umfaller des deutschen Kanzlers zugeordnet wurde, als dieser gemeinsam mit seinem französischen Amtskollegen, dem wegen seiner afrikanischen und neukaledonischen Kolonialabenteuer unter starken Kastrationsängsten leidenden Präsidenten der Grande Nation, erklärte, dass die Ukraine bei ihrem „Abwehrkampf gegen den russischen Angreifer auch Ziele in Russland angreifen“ dürfe. Das sei „nach dem Kriegsrecht durchaus möglich und kein Widerspruch“ (ebda), sabberte der EU-Aussenbeauftragte, den neuen Gegebenheiten forsch ins Auge blickend.

„Die USA seien nach wie vor dagegen, dass die Ukraine bei ihren Angriffen in Russland US-Waffen einsetze,…wir ermutigen oder erlauben nicht den Einsatz der von den USA gelieferten Waffen, um innerhalb Russlands anzugreifen“ (ebda), so der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby.

Die albischen Zwerge Europas werden also vermutlich noch ein wenig warten müssen bis zum Sieg, Sieg, Sieg…

Nichtsdestoweniger ein historischer Tag, als die Erde in Griechenland bebte.