Die Nornen von der Ostseefront

„Erpressung“, schrillte Brünnhilde Ursula im Berlaymont an der Rue de la Loi, dass die Mauern zitterten, Erpressung seien die Gaslieferstopps Russlands und ein klarer Verstoss gegen die EU-Sanktionen, sodass sich die kriegserprobten Götter vor Lachen den Bauch hielten und am Boden wanden. Selbst Joe Odin (Amer. Biden) musste schmunzeln, seiner geliebten Walküre Zorn Einhalt gebietend. „War is not a Lercherlschas“, zeigte sich der Göttervater auch des Wienerischen mächtig, seiner Lieblingswalküre den rechten Weg weisend. „Enduring Freedom, you know Ursula, Afghanistan, remember, we invest in freedom and security in the Ukraine.”

Das liess sich Wotans Lieblingswalküre nicht zweimal sagen, schwang sich auf ihr Pferd Grane und ritt über den Skagerrak gen Norden Stockholm zu, wo die Nornen Magdalena aus Schweden und Sanna, deren liebliche Schwester aus Helsinki, bereits am Schicksalsseil webten. Zu einem Beitritt zur NATO gebe es keine Alternative, wussten diese, Odins Tochter beruhigend, zu berichten, die ihnen sofort die Unterstützung des finsteren Hagen aus Oslo, des Fürsten der NATO, zusagte. 

Der russische Bär hatte den sozialdemokratischen Geschwistern des Nordens einen gehörigen Schrecken eingejagt, was man angesichts der gemeinsamen Geschichte durchaus verstehen kann, wiewohl sich die Wikinger öfter selber beraubten, massakrierten, okkupierten, annektierten, kolonisierten und gar nicht zimperlich waren, wenn es darum ging, ihre Interessen gegenüber den finnischen, dänischen oder norwegischen Nachbarn durchzusetzen. Anderseits wusste die Norn Magdalena, auf die über 1000jährige gemeinsame Geschichte verweisend, zu berichten, dass das Grossfürstentum von Nowgorod und Kiew eine Gründung der Skandinavier war, weshalb die Ukraine eigentlich zu Schweden gehöre, was bei der Walküre aus Brüssel tiefe Verwirrung auslöste. 

Aber diesen Anspruch wollten die Schweden ohnehin nicht mehr geltend machen, zumal sie in 200 Jahren ohne Krieg gelernt hatten, dass es sich in Frieden besser leben lässt, Wohlfahrtsstaat statt Kriegsgeheul, digital statt analog, Klimaschutz statt schwerer Waffen. Sanna, die Norn aus Helsinki, nickt zustimmend, die Ahnen noch Seite an Seite mit den deutschen Nazis wissend, alles längst vorbei. Wohlfahrtsstaat statt Kriegsgeheul, digital statt analog, Klimaschutz statt schwerer Waffen.

„Und die Sanktionen?“, flüstert die Walküre aus Brüssel sanft. 

Stimmt, sich ihres Auftrags wieder besinnend, die Nornen von der Ostseefront, zu einem Beitritt zur NATO gebe es keine Alternative, Kriegsgeheul und schwere Waffen! 

Das Seil. Es riss.

„Zu End´ewiges Wissen! Der Welt melden Weise nichts mehr.“

Von einem nuklearfreien Status des Baltikums könne dann keine Rede mehr sein, grummelt der russische Bär. 

„But you know, war is not a Lercherlschas”, so Wotan vom Potomac River, „destruction for freedom and security!”