Freedom and Democracy. Part I

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Als die puritanischen Pilgrim Fathers 1620 nach vergeblichen Versuchen, die Church of England zu reformieren, was jene nicht so gottgefällig fand, mit der Mayflower von Plymouth aus in See stachen, um der Verfolgung zu entgehen und transatlantisch ein neues Leben zu beginnen, landeten sie schliesslich nach einer Überfahrt unter katastrophalen hygienischen Bedingungen in Massachusetts, wenige Jahre nach Gründung der ersten englischen Siedlung in Jamestown, Virginia. An Bord viel Hoffnung und keine Bücher, ausser der Bibel natürlich, dafür Lungenentzündungen und Tuberkulose.

Schon im Jahrhundert zuvor nach der Atlantiküberquerung des Christoph Columbus hatten europäische Siedler in der Hoffnung auf ein besseres Leben und geblendet vom glänzenden Gold der Conquistadoren die Überfahrt über den Atlantik gewagt und der indigenen Urbevölkerung das Christentum und europäische Infektionskrankheiten gebracht, die diese wegen mangelnder Resistenz existentiell dezimierten. Den Rest besorgten die gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den europäischen Siedlern beziehungsweise die „Indianerpolitik“ der Vereinigten Staaten, die von gründlicher Unterwerfung, Umsiedlung und gebrochenen Verträgen gekennzeichnet war, ehe ihnen das Massaker von Wounded Knee 1890 den Todesstoss versetzte und den verbliebenen Rest in Reservate zwängte, wo sie in Abhängigkeit von Lebensmittelrationen der Weissen vegetierten. 

Von geschätzten fünf Millionen „Indianern“ um 1500 verblieben 2023 gerade mal 3 Millionen, nicht einmal 1% der Gesamtbevölkerung, wohingegen die weisse Bevölkerung zwischen 1620 und der amerikanischen Unabhängigheit auf über 2,2 Millionen und bis heute auf rund 195 Millionen anwuchs, gemeinsam mit den 42 Millionen Schwarzen bzw. Afroamerikanern, 20 Millionen Asiaten und 65 Millionen, die sich als  Hispanics bezeichnen, also insgesamt 325 Millionen.1

Weit bedeutender für die Entwicklung der englischen Kolonien war jedoch der gleichzeitig mit der Gründung von Jamestown 1619 erfolgte Import von schwarzen Sklaven, die aus dem heutigen Angola verschleppt und über den Atlantik gebracht wurden, wo sie an einen weissen Kolonisten verkauft wurden. Die Kolonisierung und der wirtschaftliche Aufstieg Nordamerikas bzw. der Vereinigten Staaten waren untrennbar mit der Massenversklavung von afrikanischen Menschen verbunden.

Zum Zeitpunkt der Staatsgründung 1776 gab es schon fast eine halbe Million Sklaven, in den Südstaaten wuchs diese Zahl mit der Entstehung der Plantagenwirtschaft bis zum Ende des Sezessionskrieges auf über vier Millionen an und machten die Plantagenbesitzer reich und zur politisch einflussreichsten Klasse. 

Ungeachtet der als demokratische Revolution bezeichneten Unabhängigkeitsbewegung, von US-Amerikanern oft stolz als älteste Demokratie der Welt verklärt, und der in der von Thomas Jefferson verfassten Prämbel zur Unabhängigkeitserklärung über die Gleichheit aller Menschen und deren unveräusserlichen Rechte wie Leben, Freiheit und das Streben nach Glück2 war die Mehrheit der amerikanischen Präsidenten bis zum Sezessionskrieg Sklavenhalter, darunter George Washington, James Madison, Benjamin Franklin und auch der Verfasser der Erklärung, Thomas Jefferson, was der amerikanische Historiker Edmund S. Morgan als „American Paradox“ bezeichnet hat, Freiheit und Gleichheit als zentrale amerikanische Werte, beruhend auf Sklaverei und Rassismus.

Erst mit dem Ende des Bürgerkriegs 1865 bzw. dem 13. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung wurde die Sklaverei in den Vereinigten Staaten abgeschafft, drei Jahre später den Afroamerikaner*innen die Bürgerrechte formal zugesprochen. Es sollte aber ein weiteres Jahrhundert dauern, bis als Folge der Bürgerrechtsbewegung mit dem Civil Rights Act der Diskriminierung der Afroamerikaner*innen per Gesetz 1964 ein Ende bereitet wurde. 

Nun sind alle US-Amerikaner*innen gleich, behaupten die Pioniere. Und auch der schwarze Barack Obama, noch vor seiner Amtszeit mit dem Friedensnobelpreis bedacht, hatte die Logik von Freiheit und Demokratie rasch integriert und die amerikanische Mission weit in die Welt getragen, führte an fast jedem Tag seiner Präsidentschaft Krieg gegen Afghanistan, Irak, Pakistan, Somalia, Syrien, Jemen und Libyen und stellte eindrucksvoll unter Beweis, dass das sogenannte amerikanische Paradox weniger in einer quasi naturgesetzlichen Notwendigkeit gründet, sondern viel mehr der Interpretation unterliegt, mit der die Werte je nach Bedarf mit Gewalt durchgesetzt werden.

de.statista.com, 2023

“We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.”