Von der Öffentlichkeit nicht unbemerkt, haben die Energiepreise im vergangenen Jahr deutlich angezogen und zu einem spürbaren Anstieg der Inflationsrate geführt. Insbesonders bei den Gaspreisen ist auch im nächsten Jahr ein deutlicher Preisanstieg zu erwarten. Nichtsdestoweniger würden sich durch den Wegfall des Ökostromförderbeitrages die wohlstandssatten österreichischen Haushalte im Jahr € 66,93 ersparen können, so die eifrige Klimaschutzministerin.
Was tun? Heizkostenzuschüsse für die Armen, fordert die ambitionierte Sozialdemokratin, die CO2-Preise treiben die Kosten, zucken die Marktliberalen die Achseln, im Zweifel sicher Russland, grummeln die Kalten Krieger.
Unvergessen die schlaue Philosophie der EU-Kommission, den Energiepreis über den volatilen Spotmarkt regulieren zu wollen, um der Abhängigkeit langfristiger Lieferverträge vor allem Russlands durch börsenotierte Schnäppchen zu entkommen, betätigt sich eben diese EU-Kommission gemeinsam mit der in Menschenrechtsfragen verfemten Republik Polen und den von ausschliesslich altruistischen Motiven geleiteten Vereinigten Staaten intensiv an der Ver- oder Behinderung von Northstream 2, der von einem internationalen Konsortium unter Einschluss der russischen Gazprom und der österreichischen OMV errichteten Gaspipeline durch die Ostsee, um Europa von der Abhängigkeit von bösem russischen Gas zu beschützen.
Die steigenden Energiepreise im Hinterkopf, die milliardenschweren stranded costs der OMV schweissgebadet in schlaflosen Nächten zählend, pilgert der geplagte, sonst eher salopp wirkende österreichische Vizekanzler zu seinem deutschen Amtskollegen, dem grünen Parteifreund, der gerne mal stahlhelmbewehrt in der Ukraine seine deutsche Heimat verteidigt, um ihn zu einem Einlenken auf die preisschonendere Linie der vormaligen deutschen Kanzlerin zu bewegen.
Rien ne va plus, nix geht mehr. Neue Zeiten, neue Köpfe.
Das Schreckensszenario des Verlusts österreichischer Souveränität vor Augen begibt sich der Vizekanzler, von den Verhandlungen in Berlin erschöpft und zermürbt, vom Hauptbahnhof direkt in die Radetzkystrasse zu seiner Klimaschutzministerin und deren Wende-Expert*innen, um den österreichischen Strategiewechsel in Energiefragen offensiv zu formulieren: „Klima-Champion“ statt „Corona-Testweltmeister Österreich“.
Der schlaue Plan behebt die Abhängigkeit Österreichs von Erdöl, Gas und Kohle durch die Bereitstellung von 250 Terawattstunden Leistung pro Jahr durch Windenergie. Die solcherart zusätzlich benötigten rund 20.000 Windräder werden, das Landschaftsbild schonend und dem föderalen Prinzip entsprechend, gemäss der Fläche der Bundesländer errichtet und zwar 4.572 in Niederösterreich, 3.910 in der Steiermark, 3.015 in Tirol, 2.856 in Oberösterreich, 2.273 in Kärnten, 1.705 in Salzburg, 954 im Burgenland, 620 in Vorarlberg und 99 in Wien.
Den ursprünglichen Plan zur Errichtung von 2.500 km2 Photovoltaikanlagen hat man wegen des grossen Flächenbedarfs – allein für Niederösterreich fast das gesamte Marchfeld – inzwischen fallengelassen. Auch von einer Wiedereröffnung des Kernkraftwerks Zwentendorf hat man aus ideologisch verständlichen Gründen inzwischen Abstand genommen, zumal man äusserst günstig Atomstrom aus Tschechien importieren kann.
Die Kosten von rund 100 Milliarden Euro für 20.000 Windräder werden im Zuge des Bundeshaushaltsplans 2023 und 2024 im Rahmen des ausserordentlichen Haushalts bereitgestellt.
Widerstand ist kaum zu erwarten, einzig im Burgenland und in Niederösterreich hört man vereinzelt Murren, weil man im Gegensatz zu den westlichen Bundesländern ohnehin schon viele Windräder hat, sowie in Wien, weil die links und rechts der Gloriette stehenden Ikonen zeitgenössischen Fortschritts zu sehr an Minarette gemahnen.