Sonderzug nach Pankow

© Günther Ortner

Kaum war die vorsichtige Ermutigung für das Humboldt Forum für dessen Positionierung als Ort der Diversität, der Wissensvermittlung und der kritischen Reflexion verklungen https://www.walterposch.at/das-schloss/, ziehen erste Wolken auf an der noblen Adresse in der Mitte Berlins.

Wie die WELT am 30. Oktober zu berichten wusste, war Ungeheuerliches geschehen. Anlässlich einer geplanten Veranstaltung im Humboldt Forum unter dem Motto „Vielstimmig 2024“ am 16./17. November hat die „Stiftung Humboldt Forum“ nach einer „offenen Diskussion“ mit den Teilnehmer*innen von acht Berliner Chören beschlossen, Udo Lindenbergs „Sonderzug nach Pankow“ in einer eingeschränkten Variante zur Aufführung zu bringen.

„Entschuldigen Sie, ist das der Sonderzug nach Pankow? Ich muss mal eben dahin, mal eben nach Ost-Berlin. Ich muss da was klär´n mit eurem Oberindianer. Ich bin ein Jodeltalent und will da spielen mit ́ner Band.“, singt Udo Lindenberg 1983 in seinem Kult-Song. 

Zwar war Erich Honecker ein Roter, aber keineswegs ein Indianer, sondern ein Saarländer, das kann schon verstören. Und so fanden die moralinsauren Berliner Tugendwächter, dass man auf dem geschichtsträchtigen Ort des Berliner Schlosses und nachmaligen Palasts der Republik, wo der kleine Udo „für wenig Money“ singen wollte, keinesfalls das Wort „Oberindianer“ verwenden dürfe, weil es diskriminierend verstanden werden könne, weshalb die Humboldt-(Ind)ianer beschlossen, das Wort auszulassen, weil „in dem Wort die Gewaltgeschichte der Kolonisierung indigener Bevölkerungsgruppen nachklingt.“

Nachdem politisch korrekte Begriffe wie Inuit oder Native Americans letztlich aber doch etwas sinnstörend wären, habe man sich kompromisshaft darauf geeinigt, dass die Chöre den Lindenberg-Song nicht mit Oberindianer, sondern mit „Ober-I***“ singen werden mit langer Betonung auf dem „I“.

Man kann gespannt sein, wie die Humboldtianer das Problem mit den geraubten, gestohlenen, gekauften, politisch erpressten, irgendwie in ihren Besitz gelangten Exponaten der eigenen ethnologischen Sammlung lösen werden. 

Das Haus politisch korrekt auszuräumen, wäre schwierig, weil dann die Akustik so schlecht würde für den Tugendkitsch der humorlosen Berliner Bänkelsänger und deren Veranstalter.

Lasst doch lieber den kleinen Udo singen!