Grande Dame

Oder Grand Old Lady als Ehrenauszeichnung einer Frau, die in ihrem Leben Grosses geleistet hat, ob im Film, der Literatur, der Kunst oder etwas trivialer als Grande Dame des Opernballs, setzt zwei Dinge voraus, ein gewisses Alter, mit dem gemeinhin eine gewisse Weisheit und Milde verbunden ist im Unterschied zu dem durch Beeinträchtigung des logischen Denkens verbundenen Altersstarrsinn, sowie ein massstabsetzendes Können in der jeweiligen Profession.

So meinte also jüngst eine Grande Dame des Journalismus „Wir werden alle ärmer werden“, in Ergriffenheit den deutschen Wirtschaftsminister zitierend, der bei seinen Landsleuten so beliebt sei, weil der den Leuten reinen Wein einschenke (den er selbst gekeltert hat, die Red.).

Nun ist schon aus der griechischen Mythologie bekannt, dass solche Prophezeiungen nicht immer gut ausgehen, wie das Beispiel der Kassandra zeigt. 

Auch ist nicht sichergestellt, dass alle in gleichem Masse ärmer werden. Es ist leicht möglich, dass einige wenige auch reicher werden, womit der Satz seine apodiktische Gültigkeit verliert. Selbst der Vergleich mit dem Arzt, der dem schwerkranken Patienten seine Situation unverblümt erklärt, wird nicht stimmig, es sei denn der Arzt hätte die Krankheit selbst herbeigeführt, was wir doch nicht annehmen wollen. Darin liegt nichts Erfrischendes, wie die Grande Dame meint.

Daher wird die Welterklärung, wonach es nach den goldenen Jahren des Wiederaufbaus, der Verbesserung der Lebensumstände jetzt nicht so weitergehen muss, dass ein sicherer Job keine Selbstverständlichkeit ist, dass Arbeitslosigkeit ein „Schicksal“ ist, mit dem jeder rechnen muss, die Arbeitslosen nicht wirklich zufriedenstellen; vor allem jene nicht, die den Preis für den Krieg nicht zahlen wollen oder den Wohlstandsverlust nicht aushalten können, wie der deutsche „Wirtschaftsminister“ salopp meinte.

„Gut, dass jemand unverblümt die Wahrheit sagt, meinten die Leute, auch wenn diese unangenehm ist.“, zitierte die Grande Dame alsdann die deutsche Öffentlichkeit mit Referenz auf die Österreicher*innen.

Das muss bestritten werden. Auch wenn „die“ Österreicher*innen manchmal ein schnuckeliges Verhältnis zur Wahrheit haben, blöd sind sie nicht.