Im Reich der Mitte 

Shanghai©walterposch

Der Schrecken währte nur kurz. Einen Diktator hatte die wegen ihrer fundierten sinologischen Kenntnisse allseits bewunderte deutsche Aussenministerin den chinesischen Präsidenten Xi Jinping genannt, was China, sich in seiner Würde verletzt fühlend, sogleich mit der Einbestellung der deutschen Botschafterin in Beijing quittierte. 

Das daraufhin vom deutschen Bundespräsidenten der Ministerin vorgeschlagene Harakiri hat diese jedoch als eine der Ehrverletzung nicht adäquate Massnahme abgelehnt.

Nur ein paar Tage später zeigte sich das drollige Role Model anlässlich ihres USA-Aufenthalts quietschvergnügt lachend im Cockpit eines US-Kampfjets, was die grösste österreichische Tageszeitung sarkastisch mit „Hauptsache, die Politik hat ihren Spass am Spiel mit Waffen“ kommentierte. 

Nun möge man die kulturellen Unterschiede zwischen hehrem demokratischen und dem einer Diktatur unterstellten sinistren Amtsverständnis generell nicht überbewerten. Die ökonomischen und technologischen Unterschiede zum Reich der Mitte sind hingegen augenfällig. Während sich Deutschland mit chaotischen Verspätungen im Eisenbahnverkehr abmüht und die gelobte deutsche Perfektion am Flughafen Berlin und an der Ruine des Bahnhofes München ihr traumatisches Ende findet, baute China in den letzten 20 Jahren nicht nur Tausende Kilometer Autobahnen, sondern mit 12.000 km ICE-Strecken inclusive moderner Bahnhöfe auch ein klimafreundliches Hochgeschwindigkeitsnetz, bequem, perfekt organisiert und pünktlich auf die Minute, um ihre Grossstädte zu verbinden.

Zugegeben, die Hochhausberge, mit denen China in den letzten 30 Jahren sein Wohnungsproblem für die 500 Millionen (!) in die Städte ziehenden Menschen gelöst hat, sind gewöhnungsbedürftig. So augenfällig, dass sich österreichische „Qualitätsmedien“ sogleich spekulativ mit der Frage abquälen, ob Chinas rasante Immobilienkrise die Weltwirtschaft mitreissen werde und wie die „dreckige Seidenstrasse“ Staaten und Demokratien weltweit untergrabe.

Da kommt gerade die schon im Russland-Ukraine-Konflikt bewährte Strategie der strukturierten Selbstverstümmelung der EU zur richtigen Zeit, mit protektionistischen Massnahmen der chinesischen Gefahr der Flutung der Märkte mit billigen Elektroautos zu begegnen, weshalb die EU-Kommission „Ermittlungen wegen der chinesischen Subventionspraxis“ auf den Weg gebracht habe, so die Kommissionspräsidentin.

„Das ist insgesamt die richtige Haltung“, sekundiert der deutsche „Wirtschafts“minister, der dafür von der Aussenministerin umgehend für den Bayrischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst vorgeschlagen wurde, im Gegensatz zum skeptischen Verband der deutschen Automobilindustrie VDA, der mit Blick auf den europäischen Standort die hohen Energiepreise und eine überbordenden Bürokratie beklagt, während die grossen deutschen Automobilbauer, die 30% ihrer Autos in China verkaufen, zur Sache verständlicherweise keine Stellungnahme abgeben mochten.

China ist aber längst nicht mehr die billige Werkbank der europäischen Autoindustrie, hat sich weitgehend vom Westen emanzipiert und produziert genau jene Batterien, die für die E-Mobilität unabdingbar sind, samt den günstigen Autos für den Weltmarkt dazu. 

Die europäische Automobilindustrie als einer der wichtigsten industriellen Sektoren wird mit „Strafzöllen“ so nicht zu retten sein, China braucht den Westen weniger als der Westen China braucht. 

Im Westen jedoch nichts Neues. Lieber investiert Europa in Feindbilder, Kriege und Homeoffice.